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Wo ein Wille ist...

 

Kaltblau bricht die Winternacht an. Eine dünne und blasse Mondsichel zieht unendlich langsam über den Giswilerstock. Da! Einer mit ein paar leeren Milchkannen auf dem Veloanhänger chlottert nach Hause, an die Wärme. Mit den Händen tief in den Hosentaschen vergraben, kommt ihm einer entgegen. Zielstrebig hält dieser auf die Grossteiler Wirtschaft zu. Und noch sieben weitere junge Männer sind an diesem Dreikönigsabend 1960 unterwegs.
Der Letzte klopt sich draussen noch den Schnee von den Schuhen. In der Wirtschaft hockt er sich zu den anderen.
Diese acht Jungmänner führen etwas im Schilde. Erwartungsvoll sitzen sie am grossen Tisch und drehen an ihren Cheligläsern. Sie wollen, man glaubt es kaum, auf dem Giswilerstock ein Kreuz errichten, und zwar ein ordentliches. Ihnen ist es klar, dass das nicht ganz einfach wird. Zuallererst nämlich braucht es einen anständigen Weg auf den Giswilerstock. Und dann muss das gesamte Material hinaufgetragen werden.
An diesem Abend hat es noch viel zu werweisen gegeben. Aber die Sache war beschlossen.

Während Monaten wurde geplant und gemessen, gesägt und gehobelt, oft bis spät in die Nacht.

Das Stockkreuz

Das Kreuz wurde von den Männern unter der Leitung vom Kiser Toni in der Zimmerei Amgarten aus sechzehn Lärchenholzteilen hergestellt. Anschliessend wurden die Teile numeriert und das fertige Kreuz für den Transport wieder in die Einzelteile zerlegt. Das Kreuz weist folgende Masse auf: Höhe 10 Meter, Querbalken 4.80 Meter und eine Balkenbreite von 20x 60 cm. Das Holz alleine hat ein Gesamtgewicht von über 1.2 Tonnen.
Im Vorsommer 1960 wurde das gesamte Material mit Fahrzeugen bis zur Lengegghütte gebracht und anschliessend eineinhalb Stunden auf dem Rücken auf den Giswilerstock getragen. An Ort und Stelle wurden die Teile mit Holzzapfen und Eisenschrauben zu einem liegenden Kreuz zusammengefügt. Aufgezogen wurde es mittels einem Hilfsmasten und zwei starken Dufourwinden. Das Kreuz ist mit zwölf Drahtseilen sturmsicher verankert.

 
11. März 1960
Erste Fronarbeit, Holzfällen und rüsten im Grundwald.

08. Mai
Begehung und Vorbereitung der Arbeiten auf dem Giswilerstock.

12. Mai
Arbeitsbeginn auf dem Stock, Anlegen eines sicheren Fussweges.

28. Mai
Zuvorderst auf dem Giswilerstock einen Platz ausebnen für die Kreuz-Baustelle.

04. Juni
Auf dem Stock wird eine Grube für das Fundament ausgehoben und die Löcher für die Verankerungsseile gebohrt.
18. Juni
Sand vom Mittelsten Fluonalp auf den Stock getragen.

30. Juni
Schotter getragen.

02. Juli
200 Laufmeter Drahtseile auf den Stock getragen.

06. Juli
Wasser für den Betonsockel getragen.

09. Juli
Zement getragen und den Sockel für das Kreuz gegossen.
12. Juli
Kreuz fixfertig vorbereitet. Zusammengesetzt, numeriert und wieder demontiert für den Transport auf den Stock.

16./20. Juli
Holztransport mit Fahrzeugen bis zur Lengegghütte. Anschliessend auf den Rücken von vielen Helfern auf den Giswilerstock getragen.

23. Juli
Endlich kann das fertigmontierte Kreuz aufgestellt und sicher verankert werden.Die Arbeit und der Schweiss haben sich wirklich gelohnt. Mehr als 80 Personen haben mitgeholfen.

04. September
Halb Giswil versammelt sich auf dem Giswilerstock zur Kreuzeinsegnung. Kaplan Aschwanden liest die heilige Messe beim Kreuz.

Kaplan Hans Aschwanden und 210 weitere Personen an der Kreuzeinsegnung am 4. September 1960.

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In den folgenden zwei Jahren wurde ein neuer, ringerer Weg auf den Stock angelegt. Die vielen Wanderer und die rauhe Witterung setzten dem Weg so zu, dass Anfang der siebziger Jahre eine Sanierung nötig wurde. Statt zu grossen Worten, griffen ein paar Giswiler zu Pickel und Schaufel, und richteten den Weg wieder her.

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